Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muss durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde. Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner. (Mt 18,15-17) Das gläubige Gebet wird den Kranken retten und der Herr wird ihn aufrichten; wenn er Sünden begangen hat, werden sie ihm vergeben. Darum bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr geheiligt werdet. Viel vermag das inständige Gebet eines Gerechten. (Jak 5,15f) Für die hl.Klara war Schwachheit, waren Sünde und Versagen genauso selbstverständlich, wie für alle anderen. Es ist auch gar nicht anders vorstellbar, eingedenk der Tatsache, dass sie ganz Mensch war und dass in San Damiano ganz verschiedene Menschen, immerhin bis zu 50 Schwestern, auf engem Raum zusammenlebten. Wie sie damit umgegangen ist und was sie uns zu sagen hat, wollen wir einmal genauer betrachten. Von ihr selbst wird so schön in einer Laude, also einem religiösen Volks- und Kunstlied, aus dem italienische Sprachraum des 13.Jahrhunderts berichtet (Garzo dall’Incisa: „Sancta Chiara sia laudata“ 10+11): „Durch göttliche Eingebung gab sie sich der Buße hin, durch gute Werke wurde sie mit Gott versöhnt. Sie dachte stets an den Herrn, den sie sehr liebte, um der Liebe willen bat sie, von ihm unterwiesen zu werden.“ Es wird an dieser Stelle deutlich, dass zur Umkehr immer die Buße gehört. Die guten Werke, die gelebte Liebe sind Unterpfand des eigenen Bekehrungswillens, der Reue. Und an dieser Stelle wird auch deutlich, dass Sünde immer in irgendeiner Form das Herausfallen aus der Liebe ist. Denn „wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.“ (1 Joh 4,16), der sündigt also nicht. Außerdem wird uns klar gesagt: „Nur die Liebe schuldet ihr einander immer“ (Röm 13,8). Dieser kurze Vers der Laude hält uns auch klar vor Augen, dass die Unterweisung von Gott kommt, dass er es ist, der uns den Weg weist, auch zur Reifung, zur Annahme, vielleicht auch zur Überwindung mancher Schwachheit. In den Versen 608ff der Verslegende der hl.Klara, die schon kurz nach ihrem Tod entstand, spricht der Verfasser davon, dass allein im Blick auf das „alleinige Höchste Gut“, also auf Gott, der Geist wie in einem Spiegel seine eigene Wahrheit erkennt, auch seine Makel. „ Er nimmt in diesem Spiegel wahr, dass er [eigentlich] ohne Makel erschaffen ist, und dass er selbst Ursprung und Täter seiner Verschuldungen ist;aus ihm kommt das Laster, von ihm der verdorbene Wille, und kein Verdienst kann ihn retten, sondern nur die Gnade, die dem Wollen des Menschen zuvorkommt, es vollendet und krönt.“ Nur die Gnade Gottes ist also der Weg zur Rettung aus unseren menschlichen Schwachheiten und Fehlhaltungen, aus Schuld und Versagen. Im Hinblick auf die Einheit der Gemeinschaft, den Frieden in der Gemeinschaft findet die hl.Klara deutliche Worte. Die heilige Einheit ist neben der höchsten Armut der zentrale Grundpfeiler ihrer Lebensform. Sie fordert in ihrem uns erhalten gebliebenem Segen für die gegenwärtigen und zukünftigen Schwestern deutlich auf (KlSeg 14): „Seid immer Liebhaberinnen Gottes, eurer eigenen Seele und aller eurer Schwestern.“ oder, wie es in einer älteren Übersetzung heißt: „Ihr sollt immer zu Gott, zu eurer eigenen Seele und zur Seele eurer Schwestern stehen.“ In ihrer Regel wird sie nicht minder deutlich. Sie mahnt, sich vor Zwietracht und Spaltung zu hüten. „Sie [die Schwestern] seien dagegen immer eifrig besorgt, untereinander die Einheit gegenseitiger Liebe zu wahren, die das Band der Vollkommenheit ist [vgl.Kol 3,14]“ (KlReg 10,7). Was zum Schluss unserer Betrachtung noch besonderer Aufmerksamkeit bedarf, ist das Detail, dass bei der hl.Klara kein Ausschluss einer sündigen und unbelehrbaren Schwester vorgesehen ist. Im 9.Kapitel der Regel, das dem Thema der Buße sündiger Schwestern gewidmet ist, wünscht sie erst die evangeliumsgemäße Ermahnung im einzelnen, dann in der Gemeinschaft. Wie es der Tradition entspricht wird auch auf das Gebet der Mitschwestern zur Bekehrung besonderen Wert gelegt. Im oben zitierten Evangelium gibt es dann den Ausschluss aus der Gemeinde, auch beim hl.Benedikt von Nursia, der mit seiner Mönchsregel die monastische Tradition erheblich prägte, kommt der Punkt, wo der Unbelehrbare aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wird (RB 28,6ff). Bei der hl.Klara nicht. Die betreffende Schwester isst auch nicht außerhalb der Gemeinschaft, sondern - man möchte fast sagen im Gegenteil – in ihrer Mitte. „Inzwischen werde, so lange sie hartnäckig ist, gebetet, dass der Herr ihr Herz zur Buße erleuchte.“ (KlReg 9,4) Und danach folgt eine wesentliche und wohl überraschende Mahnung an die Schwestern V.5: „Die Äbtissin aber und ihre Schwestern müssen sich hüten, wegen der Sünde irgendeiner [Schwester] zornig und aufgeregt zu werden, denn Zorn und Aufregung verhindern in ihnen selbst und in den anderen die Liebe.“ Hier wird einmal mehr deutlich, dass das einzige Heilmittel die Liebe ist, die Liebe Gottes, sowie in der Gemeinschaft der Schwestern die fleischgewordene Liebe Gottes in der Welt.
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