DER BIRNENBAUM

In einer Legende, die uns von der Hl. Klara von Assisi überliefert ist, geht es um einen Birnenbaum und seine Früchte, welche nach dem Pflücken zerschnitten und für den Winter getrocknet wurden. Die Schwester, die aus Assisi aufgebrochen ist, sollte einen Korb Birnen als Gruß und als Geschenk mitnehmen. Die beschenkten Schwestern erkannten es als ein besonderes Geschenk und zogen aus den Kernen neue Bäumchen.
Jeder Ort, an dem ein solches Bäumchen wachsen konnte, war gesegnet mit dem Segen der heiligen Klara. (Reste aus einer mündlichen Überlieferung, die viele Fragen offen lässt.)

Wir sind dieser Erzählung nachgegangen und haben ein solches Bäumchen gesucht und bei den Schwestern im Klarissenkloster in Brixen/Südtirol gefunden.

Auszug aus dem Brief vom Klarissenkloster Brixen, 20. 1. 2004:
„... Mit Freude entspreche ich Ihrer Bitte um einen Ableger von unserem „Klara-Birnbaum“... Auf einem kleinen Birnbaum (er steht vielleicht zwei Jahre in unserem Garten) sollen Ableger vom Klara-Baum aufgepfropft werden, in diesem Frühjahr. Im nächsten Frühjahr dürfen Sie ihn dann abholen.... Man kann auch im Frühjahr Bäume setzen; wir machen das immer. Im ersten Sommer braucht es dann viel Wasser. Vielleicht trägt er dann schon die ersten Früchte. Damit Sie nicht enttäuscht sind, mache ich Sie aufmerksam, daß die Birnen an Geschmack und Qualität unseren verwöhnten Gaumen nicht entsprechen. Das viele Umpfropfen hat ihnen wohl nicht gut getan. Aber es geht ja nicht darum, sondern um ein „lebendes Andenken“ an die hl. Klara. Darum geht es Ihnen ja auch. Unsere älteren Schwestern sind sich sicher, daß die Birnen vor etwa ca. 40 Jahren noch viel besser geschmeckt haben.
Ich erwidere dankbar Ihre Wünsche um Gottes Segen, Ihre
Sr. Klara Pitschneider
Äbtissin

Blumen aus dem Garten des Klarissenklosters BrixenAuszug aus dem Brief vom Klarissenkloster Brixen, 2. 2. 2006:
"... zuerst möchte ich mich vorstellen: Sr. Annuntiata Pichler, Jahrgang 1934, seit 51 Jahren in diesem Kloster. Zu meinen Aufgaben gehört der Obstgarten von Frühjahr bis Herbst und die Lagerung des Obstes ...
Es freut mich sehr, dass die Veredelung des Klara-Birnbäumchens gelungen ist.
Sie sind also am Samstag, den 29. April 2006 um 9.30 Uhr sehr willkommen bei uns. Ausser dem Birnbäumchen möchte ich Ihnen eine Kostprobe mitgeben; ich denke fünf Gläser eingelegtes Birnenkompott würde für die Veranstaltung reichen.
Einige Tips, wie die Früchte zu ernten und zu behandelt sind. Bei uns reifen sie so um den 11. August, dem Fest der hl. Klara, herum, in einem Zeitraum von 3 Wochen. Nicht vom Baum pflücken, sondern warten, bis sie von selbst vom Baum fallen. Also jeden Tag nachschauen. Nicht lagern, in 2 - 3 Tagen sind sie innen braun und werden schwarz. Die Birnen sind eher trocken und brauchen gute Zähne. Sie eignen sich sehr gut für Kompott und zum Trocknen: in dünne Scheiben schneiden und an der Sonne trocknen. Wenn der Baum gedeiht, wird er sehr hoch. Nun, wir werden das nicht mehr erleben. Sollte er nicht wachsen, lassen Sie mich es wissen; dann versuche ich es auf andere Weise.
In froher Erwartung Ihres Besuches grüßt Sie Ihre
Sr. M. Annunziata Pichler

Ein Artikel einer leider uns unbekannten Brixener Zeitung aus dem Jahre 1907 gibt uns weitere Anhaltspunkte für die überlieferte Geschichte:


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"... Die Tradition bringt die Gründung des Klarissenklosters aber auch mit der heiligen Klara in Verbindung.
Die hl. Klara, die im Jahre 1253 starb, überlebte somit 18 Jahre die definitive Gründung des Brixener Ordenshauses. Da die Ordensregeln, anfänglich etwas schwankend, verschiedenen Aenderungen, Erweiterungen und Milderungen unterlagen, ist die Behauptung gut erklärlich, dass die hl. Klara entweder bei der Gründung des Brixener Klosters oder vielleicht auch später einige Nonnen des Mutterhauses nach Brixen sandte. Als diese vor der Ordensstifterin erschienen, um den Reisesegen zu erbitten, baten sie die hl. Klara um ein Andenken.
Die Ordensmutter, in asketischer Dürftigkeit lebend, besaß eigentlich nichts zu einem Geschenke Geeignetes, aber sie hielt eben eine schon angebissene Birne in der Hand. Diese Birne brachten die Nonnen ins Kloster nach Brixen, wo aus den Kernen eine Pflanze und aus dieser ein prächtiger Baum gezogen wurde. Seither wohl einigemal durch die Nachpflanzung von Schößlingen ersetzt, erfreut sich der innerhalb der Klausur gelegene Klostergarten noch immer eines schönen Klarabaumes, der viele Früchte trägt. Sei sollen einer Gattung Birnen angehören, die sonst in Tirol nicht vorkommt.
Der gütigen Vermittlung der PP: Franziskaner verdanke ich einige Exemplare dieser ziemlich unscheinbaren Birne, die ich sofort der onologischen Versuchsstation zu S. Michele behufs Klassifikation einsandte.
Das Institut erklärt diese hier ungewöhnliche Frucht als zum Geschlechte der rundlichen Wein-, d. i. Mostbirnen gehörig, deren Verbreitung nicht gerade zu empfehlen wäre.
Diese Qualifikation halte ich für eine der Tradition völlig günstige. Würde der Ramen der hl. Klara einer besonders feinen, wohlschmeckenden Birne beigelegt, wäre die Tradition im Hinblick auf die Asketik der hl. Ordensstifterin vielleicht anzuzweifeln. - "
   

"Klarabaum" im Garten des Klarissenklosters in BrixenMai 2006
Nach drei Jahren der Vorbereitung ist es nun so weit! Das Birnenbäumchen steht für uns im Klarissenkloster in Brixen (Südtirol) bereit.
So machten wir uns am Wochenende vom 28.4. bis 1.5.2006 auf den Weg, um das Bäumchen in Empfang zu nehmen.
Pater Herrmann Josef begleitete uns und natürlich waren auch Marita und Kito bei uns, die das Geschehen der Baumübergabe im Film festhalten wollten. Da wir am Freitag in der Dunkelheit in Brixen antrafen, konnten wir die Schönheit des Landes Tirol erst am Samstag bewundern.
Am Samstag Vormittag hatten wir die erste Begegnung mit den Klarissen, um die feierliche Übergabe vorzubereiten. Anschließend feierten wir mit P. Herrmann Josef die hl. Messe in der Kirche der Klarissen.
Am Nachmittag fuhren wir zu den Wasserfällen in die Gemeinde Sand im Taufers, um den Franziskusweg, der dort in beeindruckender Weise mitten in der Natur angelegt ist, zu begehen. An den einzelnen Stationen des Sonnengesanges hielten wir zur Betrachtung inne.
Am Sonntag war nun unser großer Tag. In der Nacht hatte es geschneit und neben der Baumblütenpracht war der gefallene Schnee zu sehen. Es war recht kalt, aber die Sonne wärmte uns mit ihren Strahlen und zeigte uns den ganzen Tag ihr Gesicht. In Südtirol wird am 30.4. das Fest der Diözesenpatrone Kassian und Vigilius gefeiert. Mit der Feier des Gottesdienstes mit dem Bischof von Brixen wurde das Fest im Dom begonnen. Im Anschluss daran war die Prozession mit Reliquien und Heiligenbildern durch die Stadt. Aus allen Teilen des Dekanates kamen Abordnungen in ihren Volkstrachten und reiten sich in die große Prozession ein.



Am Sonntag um 15.00 Uhr begann nun der Höhepunkt unserer Reise.

Die Begegnung mit den Schwestern der Heiligen Klara
und die Übergabe des Birnenbäumchens.

Im Klostergarten wurden wir auf das Herzlichste von der Äbtissin und weiteren Klarissen begrüßt. Während wir den Klarissen von unseren Begegnungstagen in Bautzen und der Bedeutung des Birnenbäumchens für unsere Gemeinschaft und die Bautzener Klarissen erzählten, wurde von Roberto und Frank das Bäumchen ausgegraben und reisefertig gemacht.

Gemeinsam mit den Klarissen sangen wir Franziskuslieder, bei denen uns Schwester Maria mit ihrer Geige begleitete. Schwester ... trug ihr Gedicht vor:

Klara

Ein Licht,
das klar,
uns vor Irrtum bewahr.

Ein Spiegel,
der spricht,
uns von Jesus bericht.

Eine Schwester,
die liebt,
für die Menschen sich gibt.

Eine Mutter,
die bittet,
daß der Herr uns behütet.

Eine Heilige,
die jetzt lacht,
weils Bäumchen Freude uns macht.

Wir überbrachten den Brixener Klarissen auch liebe Grüße und Geschenke von den Klarissen aus Bautzen, die sich ganz besonders auf das Bäumchen freuen, welches dann im Klostergarten in Bautzen stehen wird.

Es wird ein Zeichen sein, welches die Franziskanische Familie verbindet.
Wir hatten sehr schöne Stunden im geschwisterlichen Miteinander im Klostergarten der Brixener Klarissen verleben dürfen, an die wir sehr gern zurückdenken werden.

Am Montag ging es dann wieder in Richtung Heimat, denn Schwester Assunta und ihre Mitschwestern in Bautzen waren in froher Erwartung auf das Birnenbäumchen und unsere Berichte über die Erlebnisse in Südtirol.
Gabi Drexler, FG Halle/S


Ankunft
des Klarabäumchens
im Klarissenkloster
in Bautzen


 

Das Klara-Birnbaum-Pflanzungs-Fest
am Samstag, 6. Mai 2006.

Bei strahlendem Sonnenschein und unter großer Beteiligung (mehr als 100 Gäste) feierten wir mit Herrn P. Ubald OFM aus Halberstadt und P. Antonin OFM aus Liberec/ČR um 10.30 Uhr die Eucharistie. Anschließend ging es in Prozession mit "Kreuz und Birnbaum" zum Pflanzloch vor dem Engelhaus. Filmteam und Presse waren auch dabei.

Foto: Rafael Ledzbor

Die Verbundenheit der Franziskanischen Familie, der Franziskaner, Klarissen und der Franziskanischen Gemeinschaft kam zum Ausdruck, indem P. Antonin, Sr. M. Cristiane, Sr. M. Clara und Johannes Grubert das Bäumchen einpflanzten. Sr. M. Assunta gab Erde aus 15 verschiedenen Orten vom In- und Ausland hinzu, aus Assisi, Brixen, Liberec und Breslau, von Klöstern, vom evangelischen Pfarrgarten, von MitbeterInnen im Netzwerk und von der Nachbarschaft.

Foto: Rafael Ledzbor

Anschließend war Begegnungspause und Imbiss. Die Schola aus Liberec spielte und sang ab 13.30 Uhr in der Kirche geistliche Lieder. Susanne Ernst aus Österreich gab uns eine Kostprobe ihrer Übersetzungen einer mittelhochdeutschen Handschrift über das Leben der hl. Klara, eingerahmt von Sologesängen von Couperin und Pergolesi, gesungen von Herrn Stephan Noack und begleitet von Herrn Knopsmeier und Sr. M. Cristiane.

Foto: Rafael Ledzbor

Nach diesem Konzert wurden auf der Klosterwiese Infomationen zum Filmprojekt "Franziskanisches Leben in der Lausitz" gegeben. Kito und Marita Hendrich erzählten von ihren persönlichen Erfahrungen bei den Dreharbeiten und den noch ausstehenden Aufgaben am Film. Sr. M. Assunta erzählte von der Entstehung und dem Wachstum des Netzwerkes Eucharistie und seinem "Zwillingsbruder", dem Netzwerk Danksagung.

Abschluss des Tages war die feierliche Vesper um 16.00 Uhr, in der Roberto Schumann das ewige Versprechen für die Franziskanische Gemeinschaft ablegte.

Wir blicken dankbar auf diesen Tag zurück und freuen uns, dass der Klara-Birnbaum nun bei uns ist. Mit seiner Ankunft wurde eine Spur zurück zu den Anfängen unserer Ordensfamilie und der hl. Mutter Klara gelegt, einer Quelle, die unser Heute befruchten will.

In der "Sächsischen Zeitung" und im "Tag des Herrn", der Katholischen Kirchenzeitung der ostdeutschen Bistümer, im "Katolski Posol", der Wochenzeitung katholischer Sorben, sind Berichte über unser Baumpflanzungsfest erschienen:

Sächsische Zeitung: "Arm und doch reich"

Tag des Herrn: "Bäumchen trägt schon Früchte" (pdf)

Katolski Posoł: "Són sotry Assunty so zwoprawdźił" (pdf)