Der 6. Begegnungstag am 24. 4. 2005 in Bautzen stand unter dem Thema

"DER MANN, DER BÄUME PFLANZTE"

Jean Giono: "Der Mann mit den Bäumen"
(Flamberg Verlag, Zürich 1972)

Damit der Charakter eines Menschen wahrhaft außergewöhnliche Qualitäten offenbart, muss man das Glück haben, seine Tätigkeit während vieler Jahre beobachten zu können. Und wenn dieses Tun frei ist von jeglichen Eigennutzen und die ihn leitende Idee von beispiellosem Edelmut, wenn ferner sicher feststeht, dass er nirgendwoher Dank erwartet, und wenn er zu dem allen auf der Welt sichtbare Spuren hinterließ, dann hat man gewiss einen unfehlbaren Charakter vor sich.

Die Geschichte

Elzeard Bouffier ( 1858-1947 ) besaß in einer fruchtbaren Ebene Frankreichs einen Bauernhof. Als er seinen einzigen Sohn und dann auch seine Frau verlor, zog er sich in die Einsamkeit der Cevennen zurück. An den trostlosen gebirgshängen gab es vier oder fünf Dörfer, die weit voneinander entfernt lagen. Die Lebensbedingungen waren hoffnungslos. Die Familien tobten ihren Egoismus im engeren Kreise aus. Man stritt sich unaufhörlich über alles.
Elzeard Bouffier hatte sich überlegt, dass diese Gegend aus Mangel an Bäumen völlig absterben werde. So beschloss er hier Abhilfe zu schaffen.

Immer wieder besorgte er sich einen Sack mit Eicheln. Diese schüttete er auf seinen Tisch und schied die guten von den schlechten. Von den guten sonderte er nochmals die kleinen aus und die, welche leicht Risse hatten. Die sorgfältig Geprüften tränkte er in einen Eimer Wasser. Dann machte er sich mit ihnen und einer Eisenstange auf den Weg. Dort angekommen, wohin er wollte, begann er, mit seinem Eisenstab ein Loch in das steinige Erdreich zu stoßen. Er legte eine Eichel hinein und machte es wieder zu. In drei Jahren hatte er in diesem Wüstenland, von dem er nicht einmal wußte, wem es gehört, 100.000 Eicheln gesetzt. Nüchtern rechnete er damit, dass nur 10.000 treiben würden. Doch im Fall, dass Gott ihm noch einige Jahre schenkte, dachte er, sollten noch viele andere dazukommen. Das Schauspiel wurde mit jedem Jahr beeindruckender. Dort, wo es vorher nichts gegeben hatte,breitete sich ein Wald aus, der in drei Abteilungen elf Kilometer in der Länge und drei Kilometer in der Breite mass. Jetzt pflanzte er Buchen und, wo er richtig Feuchtigkeit unter der Oberfläche vermutete, Birken. Einer der schönsten Wälder Frankreichs wuchs heran. 

Wie eine Kettenreaktion breitete sich sein schöpferisches Werk aus. Wasser, angesaugt durch die unentlichen Wurzeln, durchfloß die Flußbetten, die seit Menschengedenken immer trocken waren. Mit dem Wasser kamen Weiden, Wiesen, Blumen und ein gewisser Sinn des Lebens. Alles hatte sich verändert, selbst die Luft.
In den Dörfern hatte man die Ruinen weggeräumt. Die neuen Häuser, frisch verputzt, waren  von Gemüsegärten umgeben. Die alte Bevölkerung war nicht wiederzuerkennen, seit sie mit Lust lebten. Kaum einer erahnte etwas von der Selbstlosigkeit und Behaglichkeit dieses Mannes. Was durch ihn in jahrzehntelanger Arbeit unbemerkt geschaffen worden war, schrieben nicht wenige irgendeiner Laune der Natur zu. Elzeard Bouffier starb mit 89 Jahren.

Auch Du kannst die Welt verändern

Elzéard Bouffier veränderte ein Stück dieser Welt. Das machte ihn groß und wertvoll. Ob nicht jeder Mensch nur dadurch groß und wertvoll wird, daß er die Welt ein klein wenig zum Besseren verändert? Ja, es scheint, als hätte sich unser Leben am Ende nur gelohnt, wenn durch uns wenigstens ein winziges Fleckchen dieser Erde fruchtbarer geworden ist. Manch einer wird sich durch ein solches Wort überfordert fühlen: "Was kann ich schon tun?" Darauf antwortet der Dichter Reinhold Schneider (1903-1958) mit einem aufmunternden Hinweis: "Eine Stelle der Welt, ein winziges Teilchen wenigstens, können wir alle verändern das ist unser eigenes Herz." In der Tat, hier liegt der Anfang; hier muß begonnen werden. Die Veränderung der Welt beginnt mit der Bewältigung unserer Fehler, Schwächen und ungeordneten Leidenschaften. Wer wäre aber nicht daran interessiert, wie das gelingen kann? Vielleicht kann uns das Vorgehen des ehemaligen Bauern ein Wegweiser sein. Er ließ nicht jede Eichel zum Zug kommen. Sorgfältig prüfte er sie und schied von vornherein die guten von den schlechten. Er wußte, daß etwas Großes nur gelingen kann, wenn der allererste Anfang ohne Schatten ist. Das erinnert uns an ein Wort des Thomas von Aquin (1225-1274), der als siebenundzwanzigjähriger sein berühmtes Erstlingswerk "Über das Sein und das Wesen" mit dem aristotelischen Satz beginnt: "Ein kleiner Irrtum zu Beginn wird am Ende zu einem großen." Diese Feststellung gilt nicht nur im Bereich des Denkens, sondern in allen Lebensbereichen. Immer und überall wird sich ein kleiner unbemerkter Fehler am Anfang in unguter Weise auswirken und alles andere in Mitleidenschaft ziehen. Dabei gehen uns oft genug erst am Ende die Augen auf.
...

Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: "Das Himmelreich ist gleich einem Senfkorn, das einer nahm und in seinen Acker säte. Das ist zwar das kleinste von allen Samenkörnern. Wenn es aber ausgewachsen ist, ist es größer als die Gartengewächse und wird zu einem Baum, so daß die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen wohnen.
Mattäus 13, 31-32

...

Wenn wir einen schweren Verlust erleiden, glauben wir nicht selten, wir seien am Ende. Wie oft zeigt sich aber, daß das Ende in Wirklichkeit ein neuer Anfang ist! - Elzéard Bouffier hatte in einer fruchtbaren Ebene einen Bauernhof. Welche Bedeutung konnte er für ihn noch haben, nachdem sein einziger Sohn und dann seine Frau gestorben waren? Elzéard Bouffier - so schien es - war am Ende. Er verließ den Hof und zog sich mit etwa fünfzig Schafen in die Einsamkeit einer trostlosen Einöde zurück. Auch hier war alles am Ende: keine Bäume, kein Wasser, kein Leben, keine Liebe. Und doch sollte sich dieses Ende in einen ganz neuen Anfang verwandeln. Birgt nicht jedes Ende - der Tod nicht ausgeschlossen - einen neuen Anfang in sich? Und liegt darin nicht der Grund all unserer Hoffnung? Man müßte nur im Ende den neuen Anfang er-kennen.

 

Nachdem wir gemeinsam über die Geschichte von Elzéard Bouffier nachgedacht haben, suchten wir nach Beispielen von Menschen, die in ähnlicher Weise ihre Spuren hinterlassen haben.

Natürlich wollen die Leute überrascht werden.
Aber mit dem, was sie erwarten.
Tristan Bernard

Herzlich danken wollen wir Bruder Paulus aus New York. Er hat uns einen Kurzfilm, den wir uns gemeinsam angesehen haben und einen Brief geschickt:

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Als ich nach dem Weltjugendtag in Toronto 2002 die Videoarbeiten der Jungs unseres Jugendhauses für ehemalige Strassenjungs in Brooklyn, das St. Francis-House, sah, hatte ich sofort die Idee, ein Video für den Weltjugendtag in Köln 2005 zu produzieren. Nicht ahnend wie aufwendig solch ein Projekt ist, fingen wir vor ca. 2 Jahren mit der Arbeit an. Nach reichlich einem Jahr Wartezeit schickte uns das Vatikanarchiv die nötigen Bilder vom Heiligen Vater. Es ist schon erstaunlich, was unser 21jährige Filmdirektor daraus gemacht hat...
Ich bin überglücklich, Euch diesen Kurzfilm endlich vorstellen zu können! Gleichzeitig vertraue ich auf Eure Unterstützung und Mithilfe. Bitte helft uns, diese DVD an Bischöfe, Priester, Pfarreien, Schulen, Jugendgruppen, Nachbarn, Freunde, Verwandte, Nichten und Neffen, Kinder und Enkelkinder etc. weiterzuempfehlen!
Der Kurzfilm besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil wollen wir den Papst als den Erfinder der Weltjugendtage ehren. Es folgt ein Musikteil, in dem es um eine neue katholische Jugendkultur geht, die so nicht im Fernsehen zu sehen ist. Schliesslich weisen wir auf den WJT 2005 in Köln hin. Dazwischen erscheinen kurze knackige Video-Spots. Die Worte am Anfang des Films sprach Johannes Paul II. 1980 in Fulda. Link:Filmausschnitt ... Der Erwerb der DVDs unterstützt unsere weltweite Neuevangalisation von Jugendlichen.
Besucht auch unsere Homepage, wo viele weitere Informationen über die Weltjugendtage zu finden sind: www.grassrootsrenewal.com | www.franciscanfriars.com
Möge der Herr Euch alle segnen und Euch Seinen Frieden schenken!
Br. Paulus-Maria CFR.

Auch ein anderer, an den wir bei unserem Begegnungstag gedacht haben, hat die Welt verändert:

Papst Johannes Paul II

Auszug aus seiner Botschaft an die Jugendlichen der ganzen Welt anlässlich des XX. Weltjugendtages 2005
vom 6. August 2004 aus Castelgandolfo:

Foto aus Katolski PosolBOTSCHAFT VON PAPST JOHANNES PAUL II.
AN DIE JUGENDLICHEN DER GANZEN WELT
ANLÄßLICH DES XX. WELTJUGENDTAGES 2005

“Wir sind gekommen, um ihn anzubeten” (Mt 2,2)

"Meine lieben Jugendlichen!
In diesem Jahr haben wir den XIX. Weltjugendtag begangen und über den Wunsch einiger Griechen meditiert, die anläßlich des Paschafestes nach Jerusalem kamen: »Wir möchten Jesus sehen« (Joh 12,21). Nun befinden wir uns auf dem Weg nach Köln, wo im August 2005 der XX. Weltjugendtag stattfinden wird.
»Wir sind gekommen, um ihn anzubeten« (Mt 2,2): Dies ist das Thema des nächsten Weltjugendtages. Es ist ein Thema, das den Jugendlichen aus allen Kontinenten ermöglicht, geistig den Weg der Heiligen Drei Könige zurückzulegen, deren Reliquien nach einer ehrwürdigen Tradition eben in der Stadt Köln verehrt werden, und wie sie dem Messias aller Völker zu begegnen.
Wahrhaftig, das Licht Christi erleuchtete schon den Verstand und das Herz der Heiligen Drei Könige. »Sie machten sich auf den Weg« (Mt 2,9), berichtet uns der Evangelist. Sie begaben sich mutig auf unbekannte Straßen und unternahmen eine lange und gar nicht leichte Reise. Sie zögerten nicht, alles zurückzulassen, um dem Stern zu folgen, den sie im Osten hatten aufgehen sehen (vgl. Mt 2,2). Wie die Heiligen Drei Könige rüstet auch Ihr Euch, liebe Jugendliche, für eine »Reise«. Sie führt Euch aus allen Erdteilen nach Köln. Wichtig ist, daß Ihr Euch nicht nur um die praktische Organisation des Weltjugendtages kümmert, sondern daß Ihr an erster Stelle die geistliche Vorbereitung in einer Atmosphäre des Glaubens und des Hörens des Gotteswortes pflegt ..."

Wie der Mann, der die Bäume pflanzte, sorgte sich Papst Johannes Paul II um die "jungen Pflanzen" dieser Erde.